130 Nächte habe ich in meinem Land Cruiser bereits auf isländischen Campingplätzen verbracht. 2023 werden weitere 50 dazu kommen. Alles was ihr rund um das Thema 'Camping in Island' wissen müsst, habe ich hier für Euch zusammengefasst.
Im Sommer tummeln sich nicht nur Reisende aus aller Welt, sondern auch viele Isländer auf den Zeltplätzen (tjaldsvæði ♪). Dementsprechend (über)voll ist es mitunter. Isländer campen leidenschaftlich gern. Es ist eine beliebte Art Freunde und Verwandte zu treffen und Zeit miteinander zu verbringen. Auch die Jugendlichen nutzen die Plätze zur Zeit der Mitternachtssonne gerne als Partyzone. Am turbulentesten geht es zwischen dem 17. Juni (Nationalfeiertag) und der ersten Augustwoche zu. Danach wird es Woche für Woche ruhiger.
1) Das Gericht auf dem Foto ist Cashew Korma. Das ist eine würzige, indische Sauce mit vielen Nüssen und dazu Naan. Mein absolutes Camping-Lieblingsrezept: Cashew Korma und Naan
Freies Campen - egal ob mit Wohnmobil oder Zelt - sind in Island seit November 2015 verboten. Es war eine direkte Folge des immer stärker werdenden Touristenstroms, der die Insel überflutete. Reisende schlugen ihre Lager überall auf. Als 'Dank' hinterließen nicht wenige niedergewalzte Wiesen versetzt mit ihrem Müll und Hinterlassenschaften. Eine Isländerin erzählte mir, dass es ihr damals sogar passiert sei, dass eines ihrer Schafe gefangen, geschlachtet und gegessen wurde.
Solltet ihr wirklich einmal nicht die Möglichkeit haben, einen Campingplatz zu erreichen (weil ihr z.B. mit dem Fahrrad unterwegs seid und das Wetter es nicht mehr zulässt weiter zu fahren), dann gibt es immer die Möglichkeit nach der nächsten Farm Ausschau zu halten, um euch dort eine Erlaubnis direkt vom Landbesitzer zu holen.
Ausgenommen vom Wildcamping-Verbot sind das Hochland oder unbewohnte Gegenden sofern kein Campingplatz im näheren Umkreis ist. Die aktuellen Bestimmungen findet ihr beim Isländischen Umweltamt (Zelten)
Auf meinen Reisen genieße ich es in den Tag hinein zu leben und überlege mir erst am späten Nachmittag, auf welchem Campground ich die Nacht verbringen könnte. Mein ständiger Reisebegleiter ist eine mittlerweile wirklich stark mitgenommene 'Cycling Iceland' Landkarte. Die gab es früher an jeder Touristeninformation. Inzwischen ist sie leider vergriffen und nur noch im Internet als Download verfügbar. Mit ihr plane ich nicht nur meine Strecken, sondern auch Einkaufsmöglichkeiten und Übernachtungen. An den farblichen Tortendiagrammen sehe ich auf einen Blick, welche 'Services' ich an einem Ort erwarten kann. Grün steht für Campsite, Weiß für Unterkunft, Dunkelblau für ein Schwimmbad, Gelb für mindestens einen Laden und Rosa für ein Restaurant. Außerdem erkenne ich sofort, ob eine geteerte Straße (rot), eine Schotterpiste (braun) oder eine Mountainroad (grün) dorthin führt bzw. wie frequentiert diese ist (je 'gestrichelter' desto weniger Autos)
Eine Ergänzung zur Karte ist die vom Vermieter 'Happy Campers' wirklich gut gemachte Übersicht der Zeltplätze für Island. Auf Basis von Google Maps findet ihr dort die Campsites und 4 Kategorien nach denen ihr filtern könnt:
Eine weitere Informationsquelle bietet die isländische Seite tjalda.is . Dort findet ihr pro Platz eine einheitliche Übersicht mit Bildern, Kontaktdaten, Anfahrt, Öffnungszeiten, Dienstleistungen, Ausstattung und Preisen.
Zu guter Letzt darf natürlich Google selbst nicht fehlen. Hier erhaltet ihr wie gewohnt alle benötigten Informationen, angereichert mit Bewertungen und Urlaubsfotos.
Das Zeichen 'Lokað' am Eingang eines Campingplatzes bedeutet, dass er geschlossen ist. Das kann immer wieder einmal passieren. Die Gründe sind unterschiedlich. Manche Campgrounds schließen einfach für immer ihre Türen. Andere sind nur in den Sommermonaten von Juni bis August geöffnet. Manchmal ist es auch ein temporäres Überfüllungsproblem. Entweder weil gerade ein Fest stattfindet oder so wie im Juli 2021 als es eine ungewöhnliche Wetterlage gab. In jenem Sommer versank der Südwesten im Regen während im Osten 4 Wochen lang Trockenheit herrschte. Nachdem Juli die Haupturlaubszeit der Isländer ist, baumelte innerhalb weniger Tage bis zu einem Umkreis von 100 km das gefürchtete 'Lokað' Schild an jedem Campground rund um Egilsstaðir.
Vorbeugen könnt ihr entweder durch eine Buchung über parka.is. Allerdings nehmen nur wenige Plätze an dem Buchungssystem teil. Ihr könnt auch vorher anrufen um nach der Belegung zu fragen oder zu reservieren.
Die Mehrheit der isländischen Anlagen hat - sofern sie gerade betrieben werden - 24h geöffnet. Schranken oder zeitlichen Zufahrtsbegrenzungen sind die Ausnahme. Selbst wenn ihr weit nach Mitternacht ankommt, findet ihr einen Platz zum Schlafen(Ausgenommen der Platz ist wegen Überfüllung geschlossen).
Jeder Campingplatz ist anders. Ihr werdet große Unterschiede bzgl. Lage, Erreichbarkeit und dem Angebot der Dienstleistungen feststellen. Die meisten Campgrounds bieten Toiletten, Duschen und Strom. Manchmal auch Waschmaschine und Trockner und/oder einen kleinen Aufenthaltsraum mit Küche. Die Stellplätze sind manchmal nummeriert und vergeben oder frei wählbar. Im Prinzip: Je ländlicher die Gegend desto freier die Stellplatzwahl. Bei freier Auswahl könnt irgendwann ankommen und euch auf dem weitläufigen Gelände einen Platz suchen. Ist der Platz numeriert, müsst ihr euch einen festen Platz buchen. Eine gute Informationsquelle dazu (+ der jeweiligen angebotenen Services) bietet die bereits erwähnte Seite: tjalda.is . Hier findet ihr Angaben zu den folgenden Extras:
Es gibt wirklich sehr 'rustikale' Anlagen. Das heißt nicht, dass es dort nicht traumhaft schön und entspannt sein kann. Nur euer Anspruch auf Dienstleistungen oder Ausstattung sollte reduziert werden. Was kann euch dort erwarten?
Strom für Camper kostet pro Nacht ca. 1.000 ISK. 'Wollt ihr nur einmal euer Handy laden', könnt ihr versuchen einen der begehrten Steckdosen zu ergattern. Üblicherweise ist im Sanitärbereich mindestens eine für das Haare föhnen vorgesehen. Diese ist zugegebenermaßen nur selten länger als ein paar Minuten 'frei'. Hat die Anlage einen Aufenthaltsraum bzw. eine Küche, sieht es besser aus. Hier findet ihr in der Regel mehrere Dosen.
Tipp: Versucht Elektrogeräte durch herkömmliche zu ersetzen. Vielleicht funktioniert statt der elektrischen Zahnbürste für den Urlaub auch eine 'Normale'?
Tipp: USB Ladeadapter für das Auto. Ich lade z.B. mein Handy und meine Fotobatterien über USB Ladegeräte die mit dem Zigarettenanzünder des Autos funktionieren
Tipp: Steckdosenwürfel mit USB Anschlüssen. Das ist meine Strategie an eine bereits belegte Steckdose zu kommen :)
Niemand räumt freiwillig den Platz an der Stromquelle.
Aber bisher habe ich es noch nie erlebt, dass sich jemand geweigert hätte, den Platz für einen Verteiler frei zu machen, so dass wir alle etwas davon haben...
Waschmaschine und Trockner - sofern vorhanden - kosten meist zwischen 500 und 1000 Kronen extra. In den Abendstunden sind diese so gut wie immer belegt. Wenn ihr Zeit habt, könnt ihr am nächsten Vor- oder Nachmittag waschen. Da ist nicht nur der Platz, sondern auch die Maschinen leer.
Die Kosten für eine Übernachtung variieren von Platz zu Platz. Das Billigste war bisher 0 ISK (Spende erbeten) und das Teuerste 3000 ISK. Geht im Schnitt von ca. 1500 -2000 ISK aus (10-15 Euro). Bezahlt wird jeweils pro Person und Nacht. Manchmal ist die zweite oder dritte Nacht günstiger oder sogar umsonst. Zu 97% könnt ihr mit Karte zahlen, es gibt aber auch Ausnahmen.
Wenn eine Online Buchung über die parka.is App möglich ist, könnt ihr dort direkt mit eurer Kreditkarte bezahlen. Über euer hinterlegtes KFZ Kenzeichen wird die Bezahlung zugeordnet. Andernfalls findet ihr vor Ort auf einem nicht zu übersehenden Zettel beschriebn wie und wann ihr bezahlen könnt:
Nach dem Bezahlen, erhaltet ihr einen Sticker, den ihr für die nächtliche Kontrolle gut sichtbar hinter der Frontscheibe des Autos oder am Dach des Zeltes befestigen solltet. Bei der 'Donationbox' basiert das Ganze auf Vertrauen.
Um Geld zu sparen, könnt ihr euch für 179€ die Campingkarte Island kaufen. Sie erlaubt euch 28 Nächte auf einem der 42 teilnehmenden Campgrounds (bis sie am 15. September abläuft) zu übernachten.
Persönlich habe ich sie mir noch nie gekauft, obwohl sie bei 130 Übernachtungen etliche Euro erspart hätte. Der Grund ist, dass ich frei entscheiden möchte wo ich übernachte. Ich will meinen Tag nicht danach ausrichten am Abend auf einem 'Campingkarten Platz' anzukommen nur damit ich Geld spare. Außerdem liebe ich die Einsamkeit. Diese zu finden, ist auf kleinen, unbekannten Plätzen deutlich höher als auf den rabattierten Campsites. Etwas abseits sind nicht nur die Sanitäranlagen weniger frequentiert, sondern ihr habt auch viel Platz um ungehindert die faszinierende Landschaft genießen zu können. Hier ein paar Impressionen meiner 'Schlafplatzaussicht' 1.
1An meinem Land Cruiser kann ich das Heckfenster ausstellen. Abends liege ich in den Schlafsack eingemummelt auf meiner Matratze, öffne das Fenster, lasse mir die klare, isländische Luft um die Nase wehen und genieße den Moment.
Hier noch zwei Antworten auf Fragen, die mir Reisende dieses Jahr gestellt haben:
Isländer trifft man wirklich selten in den Duschanlagen der Campingplätze. Entweder haben sie einen eigene Sanitärbereich in ihren Wohnmobilen oder sie gehen in das nächste Schwimmbad. Auf der Insel gibt es in fast jedem noch so kleinen Ort entweder ein sundlaug ♪ mit Duschen, beheiztem Außenschwimmbecken und mindestens einem heitir pottar (Hot Pot: Badebereich mit über 36°C bis 45°C heißen Wasser). Die Schwimmbäder sind für Isländer das, was bei uns das Café oder die Kneipe um die Ecke sind. Nicht selten trifft man isländische Männer mit Bierdosen in der Hand, gemütlich im Hot Pot sitzen und über Gott und die Welt philosophieren.
Wenn kein Schwimmbad in der Nähe ist, könnt ihr oft eine natürliche heiße Quelle finden. Obwohl dieser häufig die Infrastruktur fehlt, bleibt es ein wunderbares Erlebnis mitten in der Natur im dampfenden Wasser zu entspannen, während der Blick über die weite Landschaft schweift. Glück ist, wenn ihr einen dieser Hot Pots direkt auf dem Campingplatz entdeckt:
Vereinzelt ist der Preis zur Benutzung des Hot Pots in der Übernachtungsgebühr enthalten. In der Regel kommen dafür noch ca. 500 - 1500 ISK (ca. 3 - 10 €) dazu. Öffentliche Schwimmbäder kosten im Schnitt 6-8€. Luxuriöse Wellnessbäder wie die Blaue Lagune, Secret lagoon, Vök Baths o.ä. 40-60 € p.P.
Und dann gibt es Extras, die stehen in keinem Reiseführer. Sie zaubern ein Lächeln auf die Lippen, wenn man sie entdeckt:
Es ist Island! Egal zu welcher Jahreszeit können Wind und Regen in ungeahnter Stärke deinen Aufenthalt erschweren. Auch das beste Outdoor-Equipment hat seine Grenzen. Beim Zelten solltest du darauf achten, dass ihr euer Lager nicht in einer Mulde aufschlagst. Das würde zwar etwas vor dem peitschenden Wind schützen, aber etliche Male habe ich beobachtet, dass sich dort der Niederschlag als kleiner See manifestierte. Auch das Auto solltet ihr möglichst auf festem Untergrund in Fluchtrichtung abstellen. Tiefe Furchen zeugen immer wieder davon, was passiert, wenn die Fahrzeuge im aufgeweichten Rasen stecken bleiben.
Zeigt das isländische Wetteramt unter vedur.is 'gelben' oder 'roten' Wetteralarm an und ihr seid mit dem Zelt unterwegs, solltet ihr euch überlegen nach einem Schlafplatz in einem Hostel zu suchen. Billiger als ein Hostel ist eine Schlafsackunterkunft (svefnpokapláss), die manche Campsites anbieten. Das ist überwiegend ein großer Gemeinschaftsraum mit Klappbetten, auf denen ihr in eurem Schlafsack warm, trocken und sicher das Unwetter (ver)schlafen könnt.
Kochen am Campingplatz ist bei Wind und Wetter eine Herausforderung. Wenn ihr mit dem Auto unterwegs seid und genügend Platz habt, empfehle ich euch einen guten Gaskocher mit etwa 4 kW Leistung mitzunehmen. Die Kartuschenkocher sind zwar klein, leicht und gut zu verstauen, aber die Zubereitung des Essens dauert einfach um ein Vielfaches länger. Viele Informationen rund um das Kochen und einige meiner Rezepte findet ihr unter: One Pot Camping Cooking - Leckeres Essen jenseits der Raviolidose
So nah kann man Island in keinem Hotel kommen. Einige Campsites liegen malerisch direkt an den Top Attraktion, wie z.B.
Aus Deutschland könnt ihr über Dänemark mit dem eigenen Auto auf der MS Norröna (Smyril Line) nach Island reisen. Die Fähre benötigt im Sommer 48 H und im Winter 66 H für die Überfahrt. Alles Wissenswerte dazu, könnt ihr unter: 'Mit der Fähre nach Island' nachlesen.
Wer nicht genug Zeit für eine Fährüberfahrt hat oder lieber fliegt, findet in Island zahlreiche Anbieter, um ein Wohnmobil zu mieten. Die bekanntesten sind:
Mit einem zum 'Einpersonen-Mini-WoMo' umgebauten Toyota Land Cruiser durch Island.
Infos zum Umbau des Geländewagens »Island - Sehenswürdigkeiten und Höhepunkte der Insel
Autofahren in Island birgt es an manchen Stellen Herausforderungen und Risiken