Island im September ist ein besonderer Monat. Es ist die Zeit des Schafabtriebs und der Ernte. Es ist aber auch die Zeit der Farben:
Leuchtend gelb, wie die Färbung der Lärchen und Birken im strahlenden Licht der Herbstsonne. Grün wie die Nordlichter die faszinierend über den Nachthimmel tanzen. Rosaviolett, wie ein epischer Sonnenaufgang oder Untergang, welche die Natur in ihrem besten Licht erscheinen lassen. Blauschwarz wie die Blau- und Krähenbeeren die in Hülle und Fülle an den Berghängen zu finden sind. Weiß wie der erste Schnee der die Berge überzuckert und das Autofahren gefährlich macht. Rot wie der Wetteralarm während der heftigen Herbststürme die über das Land fegen. Golden beige wie die Farbe der Gräser die sich im Wind wiegen und den Tieren die letzte Weidemöglichkeit vor dem Winter bieten.
Allerdings ist es auch ein Monat, der anspruchsvoller ist als Juni, Juli oder August.
'Closed for winter'. Am 1. September stand ich am Campingplatz vor dem Schild und konnte es zuerst nicht glauben. Fragezeichen schwebten über meinem Kopf. Winter? Heute war der 1. September. Das ist doch noch nicht mal so richtig Herbst. Zuerst hielt
ich es für einen Scherz doch im Laufe der nächsten Tage musste ich es wohl oder übel als isländische Wahrheit akzeptieren. Der Sommer war vorbei!
Campgrounds, Fähren und Museen reduzierten
ihr Angebot oder schlossen nach und nach ganz. So fuhr die Fähre nach Viðey (Insel bei Reykjavik) nur noch am Wochenende
und die Fähre nach Hrísey nur noch dienstags.
Manche Campgrounds schließen bereits am 1. September, manche zum 15. oder 30. September. Ab 1. Oktober war es schon wirklich schwer eine Übernachtung auf einem Campingplatz zu finden. Eine Informationsquelle, welche Plätze noch geöffnet sind, findet ihr auf der Seite tjalda.is . Dort könnt ihr nach 'ganzjährig geöffnet' suchen. Leider fehlt dort die Möglichkeit auf 'geöffnet im September' (Monatsfilter) einzuschränken. Der Platz in Ólafsfjörður hat beispielsweise bis 15. Oktober geöffnet. Somit fällt er leider aus dem 'Jahresfilter' und erscheint nicht in der Suche.
Alternativ gibt es vom Vermieter Happy Campers eine wirklich gut gemachte Google Maps erstellte Übersicht für Island. Dort gibt es 4 Kategorien nach denen ihr filtern könnt: Blau- All Year Campsites, Grün - Summer Campsites, Rot - Hybrid Campsites, Braun - Highlands Campsites
Tipp: Öffnungszeiten vorab klären. Recherche auf der Homepage des Campingplatzes oder bei Unklarheit telefonisch nachfragen.
Die Tage werden spürbar kürzer. Jeden Tag in etwa 10 Minuten. Dennoch bleibt weiterhin ausreichend Zeit für Aktivitäten und ihr könnt zusätzlich faszinierende Nordlichter sowie spektakuläre Sonnenaufgänge und Untergänge erleben.
Tipp: Tageszeiten bei der Planung berücksichtigen und immer eine kleine Stirnlampe oder Campingleuchte griffbereit haben
Mir persönlich war wichtig, dass ich bei Einbruch der Dunkelheit 'Asphalt' unter den Rädern hatte. Mir graute davor bei absoluter Dunkelheit eine Schotterpiste mit Schlaglöchern (das muss keine F-Road sein, da reicht schon eine 2-stellige Hauptstraße) fahren zu müssen.
Wer die ikonischen Papageientaucher in Island erleben möchte, sollte auf alle Fälle vor Anfang August reisen. Bis Mitte August kann man zwar mit etwas Glück noch vereinzelte Exemplare finden, ansonsten bleiben nur noch die Plüschtiere im Souvenirshop. Aber nicht nur Papageientaucher, sondern auch viele andere Vogelarten haben die Insel bereits verlassen. Im Vergleich zu den wunderschönen Konzerten des Frühjahrs ist es im September eher still. Bestimmt wird der Monat vom rauen Krächzen der Raben und Krähen, dem Flattern der Gänse und dem anmutigen Anblick unzähliger Schwäne auf den endlosen Wasserflächen der Insel.
Tipp: Wer Papageientaucher sehen möchte, sollte vor Mitte August reisen
Nordlichter entstehen unabhängig von der Jahreszeit. Das Problem ist, dass es im Sommer nicht dunkel genug wird um sie zu sehen. Ab Mitte August beginnt das Zeitfenster in dem sie nachts sichtbar werden. Dieses Jahr durfte ich bereits am 02. September eine unglaubliche beeindruckende Aurora-Show erleben. Selbst Einheimische bestätigten, dass es ein ungewöhnlich langes und intensives Spektakel war. Außerdem hatte es nachts um 22.00 Uhr noch 10 Grad. Jeder der schon einmal auf Aurora Jagd war, weiß, dass man sich normalerweise dick vermummt bei eisiger Kälte auf die Lauer legt. Noch Tage später war ich fasziniert von dem Erlebnis.
Whalewatching ist auch im September problemlos möglich. Jedoch sollte man sich darauf gefasst machen, dass Touren auf Grund der aufkommenden Herbststürme gelegentlich ausfallen.
Der Osten Islands ist bekannt für seine Rentierherden. Im Sommer leben die Tiere im unzugänglichen Hochland. Mit Beginn der kalten Jahreszeit treibt die Nahrungssuche sie talwärts und somit in unseren Sichtbarkeitsbereich.
Statistisch liegen die Temperaturen im September zwischen 5°C und 10°C. Im September 2022 erlebte ich ein breites Spektrum: Vom T-Shirt Wetter bei 17°C, strahlendem Sonnenschein und Windstille bis hin zu schweren Stürmen, Schneefall und Minusgraden. Wenn ihr euch auf etwas verlassen könnt, dann darauf, dass ihr euch auf 'nichts verlassen könnt'. Es kann wundervolle, milde Spätherbsttage geben - und - heftige Stürme mit Orkanböen.
Tipp: Rechnet mit dem Schlimmsten und freut euch, wenn es besser kommt. Packt sowohl Sommersachen (T-Shirt, leichte Hose) als auch dicke Wintersachen (Mütze, Handschuhe, Schal, Ohrenschützer, Wind- und wasserdichte Thermohose und -Jacke) in den Koffer.
Red Weather Alert - Do not travel at all! Das war die Warnung auf der Seite des isländischen Wetteramtes. Ganz Island wurde von einem gewaltigen Orkan mit Böen von bis zu 160 km/h heimgesucht. Die Ringstraße war auf 450 km von Vik nach Egilsstaðir mehrere Tage gesperrt. Die kompletten Ostfjorde waren unpassierbar. Der Sturm zog ein Heer der Verwüstung nach sich.
Als der Sturm am 24.09 begann war ich gerade im Hochland. Die F907 lag vor mir. Von der Stuðlagil Schlucht wollte ich zur Hochlandhütte in Laugarfell um dort zu übernachten. Der Wind blies kräftig um das Auto als ich mitten in einer schwarzbraunen Sandwüste an der Abzweigung zur F907 stand. Bilder von bis auf das Alublech blankpolierten Autos schossen mir durch den Kopf. Isländische Sandstürme hatten das verursacht und keine Versicherung hatte diesen Schaden abgedeckt. Sollte ich die 40 Minuten bis zur asphaltierten Straße am Kárahnjúkar-Kraftwerk wagen oder lieber umkehren und 3 Stunden über die Ringstraße und Egilsstaðir nehmen?
Ich bin gefahren und es ist alles gut gegangen. Fast drei Tage lang fegte der Orkan über Ostisland und legt alles lahm. Die erste Nacht in Laugarfell machte ich fast kein Auge zu. Der Sturm umtoste die Hütte, das Gebälk knarzte und ich betete, dass alles halten möge. Am Vormittag begann es zusätzlich schneien. Noch bevor der Pass unpassierbar wurde, startete ich Richtung Egilsstaðir um dort die folgenden zwei Tage 'abzuwettern' und darauf zu warten, dass die Straßen für die Weiterfahrt freigegeben werden.
Erst Tage später, als ich das ganze Ausmaß der Schäden sah, erkannte ich welches Glück ich gehabt hatte. Unzählige Glasscheiben waren von herumwirbelnden Steinen durchschlagen. Immer wieder sah man ein kaputtes Auto am Wegesrand stehen. Einigen Häusern fehlten Teile des Blechdachs. Manche Hütten waren aus ihren Fundamenten gerissen und lagen zerstört etliche Meter neben ihrem ursprünglichen Platz:
Tipp: Vorausschauende Wetterplanung. Auf den Seiten vedur.is und safetravel.is findet ihr Informationen und Prognosen für die kommenden Tage bzgl. Regen, Wind, Schnee, Lawinen- und Erdrutschgefahr. Auch wenn ihr Unterkünfte bereits Monate im Voraus gebucht haben solltet, ist es gut zu wissen, ob ihr sie erreichen oder verlassen könnt. Eventuell könnt ihr sogar noch kostenfrei stornieren und umbuchen. Seit dem Sturm habe ich die SafeTravel - Iceland App installiert und nutze sie vor Ort täglich.
Doch es gibt auch viele positive Aspekte und gute Gründe dafür im September durch Island zu reisen.
Wenn es wieder einmal den ganzen Tag regnete, war ich in Versuchung den Aufenthalt in meinen Land Cruiser mit einer festen Unterkunft zu tauschen. Im August habe ich das mit Blick auf das Preisniveau und Angebot unterlassen. Wenn die einzige Möglichkeit im Umkreis von 50 km ein Zimmer mit Gemeinschaftsbad für 200 Euro war, fiel mir die Entscheidung leicht den Tag im Café zu verbringen. Ab Mitte September änderte sich das. Es gab deutlicher mehr und auch 'günstigere' (für isländische Verhältnisse) Angebote.
Tipp: Für die Reisezeit September findet ihr deutlich mehr Angebot an Unterkünften als für Juni bis August. Auch ein 'spontanes' Buchen ist ab Mitte September wieder möglich.
Pfifferlinge, Birken- und Butterpilze, Blau- bzw. Heidelbeeren (Bláber ♪ ) und Krähenbeeren (Krækiber ♪). Die Natur Islands trägt reiche Früchte, bevor die kurze Vegetationsperiode dem langen, harten Winter weicht. Auf den Berghängen - vor allem in den Westfjorden oder im Norden Islands - findet ihr diese Köstlichkeiten. Meistens trefft ihr dort Isländer, die mit Gläsern in den Händen dem herbstlichen 'Berjamó' (~Beeren sammeln im Moor) nachgehen.
Tipp bzw. wichtiger Hinweis: In Island gibt es auch giftige bzw. schwer verdauliche Pilze und Beeren. Pflückt und esst also nur Exemplare bei denen ihr Euch sicher seid um welche Sorte es sich handelt. Die Heidelbeere kann z.B. leicht mit der Rauschbeere verwechselt werden. Beide sind außen blau und die Sträucher ähneln sich. Die Rauschbeere hat innen jedoch helles Fruchtfleisch und ebenso hellen Saft während das Fruchtfleisch der Blaubeere und auch deren Saft violett sind.
Genüsslich kaute ich noch an den letzten Resten meiner Zimtschnecke, als plötzlich rennende Menschen auf den Wanderparkplatz der Stuðlagil Schlucht strömten. Es wurden immer mehr. In Windeseile sprangen sie ins Auto und verließen fluchtartig den Ort. Mir wurde langsam etwas mulmig und in höchster Alarmbereitschaft versuchte ich herauszufinden, was die Panik ausgelöst hatte.
Einen kurzen Augenblick später nahm ich in der Ferne das ich das Blöken und Trampeln unzähliger Schafe wahr. Damit war alles klar. Es handelte sich um einen Schafsabtrieb (Réttir ♪). Die gehetzten Leute wollten einfach nur vor der Herde die Straße erreichen um den vorhersehbaren Stau dahinter vermeiden. Entspannt lehnte ich mich zurück und genoss das Spektakel.
Isländischen Schafe leben den Sommer über frei in der unberührten Natur Islands. Mit Beginn der kalten Jahreszeit werden sie von den Farmern mit Hilfe von Freunden und Verwanden zusammengetrieben. Zu Fuß, zu Pferde oder sehr beliebt - mit dem Quad - werden die Tiere mit lautem Getöse talwärts getrieben um den Winter in Ställen zu verbringen. Bei großen Abtrieben geht es im Tal zuerst Richtung 'Sortieranlage'. Aus der Mitte heraus kann jeder 'seine' Schafe in ein eigenes Segment ziehen, was faszinierender Weise schnell und zielsicher funktioniert. Gefeiert wird der erfolgreiche Abschluss mit einem ausgelassenen Fest.
Damit ist das Ganze jedoch nicht vorbei. In den folgenden Wochen werden immer wieder 'vergessene' oder 'unwillige' Exemplare aufgespürt, eingesammelt und vor dem Erfrieren bzw. Verhungern in Sicherheit gebracht.
'Golden Summer' verbindet man in erster Linie mit Amerika und in allen Farben leuchtenden Wäldern. Aber Island? In vielen Reiseführern wird auch heute noch (fälschlicherweise) verbreitet, dass es auf der Insel keinen Wald gibt. Fakt ist, dass sie seit Jahrzehnten andauernden Aufforstungsmaßnahmen inzwischen Früchte tragen. Gerade im Norden und Osten leuchten die Berghänge Mitte September in leuchtendem goldenem Gelb verschiedener Baumarten wie Birken und Lärchen.
Ob für euch eine Reise im September in Frage kommt, könnt nur ihr entscheiden. Hier noch einmal die Vor- und Nachteile im Überblick:
Island - Sehenswürdigkeiten und Höhepunkte der Insel
Weshalb es eine gute Idee ist einen Regenschirm mit nach Island zu nehmen
Lecker, landestypisch, süß oder herzhaft. Gaumenkitzler aus Island